Ich bin ja eher der Typ das Glas ist halb voll. Hotel Mama klingt doch auch viel netter als empty Nest, oder? Nachdem das älteste Kind nun den ersten Arbeitsplatz nach der Ausbildung angetreten hat, war es aus meiner Sicht Zeit, gemeinsam das Kinderzimmer zu leeren.
Was soll mit? Was passt nicht ins jetzige WG-Zimmer und kommt auf den Dachboden und wovon kann sich getrennt werden? Weckt viele Emotionen, so ein ausmisten. Die Sachen aus der letzten WG und dem ersten Wohnen weit weg von zuhause und während einer Pandemie, aber auch vieles aus der Kindheit wurde in die Hand genommen. Mal gemeinsam mit mir, mal gemeinsam mit der jüngeren Schwester. Vieles konnte noch verkauft werden, denn gebraucht shoppen und wieder verwerten steht bei vielen jungen Leuten hoch im Kurs. Echt toll. Einen Teil haben wir gespendet an die Flutopfer. Den Rest hat der Mann geduldig entsorgt.
Der erste Kindergartentag, der erste Urlaub mit Oma und Opa, das erste Mal allein mit dem Rad zur Schule fahren, die erste Party, der Führerschein… viele wichtige Schritte für das Kind und immer auch ein kleiner Abschied für die Eltern. Wir haben uns immer bemüht, diese Schritte bewusst wahrzunehmen. Ich halte nichts von Sprüchen wie Da mussten wir alle mal durch oder Sei doch froh, dass du Freiheit wiederbekommst.
Jedes Gefühl hat seine Berechtigung. Stolz sein auf das Kind, dankbar sein, dass es bis hierhin gesund und behütet seinen Weg gehen konnte, aber eben auch Abschiedsgefühl. Und das gilt für Eltern und Kind, egal in welchem Alter. Das gilt auch für uns als Kinder unserer Eltern. Denn wenn wir ehrlich sind, ist auch die Beziehung zu unseren eigenen Eltern von vielen kleinen Abschieden geprägt. Das hört nicht mit dem Auszug auf, Beziehungen sind immer im Wandel und das sollten wir meiner Meinung nach bewußt wahrnehmen und auch aussprechen können. Ohne Ratschläge oder Bewertungen von außen.
Abschiede bedeuten auch Platz für etwas Neues. Und so habe ich nun ein eigenes Zimmer für mein Lädchen und um meine Kreativität, die für mich eine Lebenseinstellung und ein großer Teil meiner seelischen Gesundheit ist, auszuleben. Alle Möbel waren schon im Haus, den Stehtisch zum Nähen und Zuschneiden hat mein Mann mir aus unserer alten Eßtischplatte und alten Ikea- Regalen gebaut. Auf der Tischplatte eingeritzt sieht man die ersten Schreibversuche der Kinder, die wie alle am Anfang viel zu doll aufgedrückt haben 😉 Da schliesst sich der Kreis. Circle of life, würde Elton John sagen.
Bis auf den Anstrich und die Vorhänge ist tatsächlich alles gebraucht hier. Aber eben nicht nur gebraucht, sondern benutzt von uns als Familie. Aus ganz verschiedenen Zimmern und Zeiten zusammengetragen. Für mich könnte es nicht schöner sein.
In den nächsten zwei Blogbeiträgen werde ich mehr zum Tisch und der Kreativecke schreiben. Vielleicht mögt ihr bis dahin mit mir eure Gedanken zu dem Thema teilen? Ich würde mich freuen, von euch zu lesen.
Habt es nett,
Frauke